Surf-Camp 2019

 
 
Tagebuch eines (kleinen) Surfers: Wellen nehmt euch in acht – St. Girons Plage ich komme!
 

Samstag 16. Juni 2019. Endlich Wochenende und heute starten wir mit dem Bus zum Wellenreiten in das Land des Weins und Baguettes. Ich bin wahnsinnig aufgeregt und weiß noch gar nicht so richtig was mich erwartet. Aufregend, spannend, abwechslungsreich und lustig soll es werden, zumindest hat uns das Martin Schmelzer, mein KiSS- und jetzt auch noch Surf-Lehrer, versprochen. Wir sind insgesamt acht Kinder und sechs Erwachsene. Im Surf-Camp sollen es noch mehr werden. Wer sind diese ganzen Leute? Ich weiß nur, dass alle in der Kindersportschule des TSV Calw sind. Jetzt sitzen wir hier am ZOB in Calw und warten, dass der Bus kommt. Da ist Jonas – endlich ein Gesicht das ich kenne. Er ist auch KiSS-Lehrer und will mit uns zusammen Surfen lernen. Es ist mittlerweile 15 Uhr und der Bus rollt am Bahnhof ein. Jetzt geht es wirklich los. 1215 Kilometer und 15 Stunden Busfahrt liegen vor uns. Gott sei Dank habe ich genug zu Essen, Musik und ein Buch dabei. Jonas sagt: Herr Schmelzer testet schon einmal die Wellen für uns.

 
 

Sonntag 17. Juni (Tag 1): Es ist 9 Uhr morgens und wir sind endlich in St. Girons Plage angekommen. Herr Schmelzer steht auch schon am Kreisverkehr und winkt uns zu. Zusammen laufen wir mit ihm ins Surf-Camp. Unsere Taschen werden mit dem Bus gefahren – Luxus. Zum Glück gibt es gleich erst einmal was zu Essen. Das ist auch bitter nötig, denn ich sterbe vor Hunger. Das Frühstücks-Team hat schon alles vorbereitet. Alles was das Herz begehrt. Es ist wirklich lecker. 12 Uhr. Jetzt geht’s richtig los, der Startschuss in eine aufregende Woche ist gefallen. Das ganze Team stellt sich vor. Das sind ganz schön viele: Surflehrer und ihre Assistenten, Verpflegungs-Team, Camp-Leitung, Nachtwächter und ein Hausmeister-Team. Dann stellt sich unser Surflehrer-Team vor: Caro, Martin, Yannick, Josi und Lia. Ja, wir dürfen Herr Schmelzer jetzt Martin nennen. Cool. Caro ist für die Woche unsere leitende Surflehrerin. Sie erklärt uns den Ablauf und wo wir was im Surf-Camp finden. Danach ergreift Yannick das Wort und erklärt uns den Neoprenanzug und das Surfbrett. Das sieht aber nicht wirklich so aus – es ist riesig und blau und gelb. Im Fernsehen oder auf Youtube sahen die anders aus. Naja Yannick versichert uns, dass diese Surfbretter mehr Fehler verzeihen und zum Lernen perfekt sind. Nach der Einführung teilt uns Caro mit, dass wir zum See aufbrechen. Ich glaube ich habe mich verhört. Hat sie wirklich „See“ gesagt? Ich denke wir gehen im Meer surfen! Ich habe es doch richtig verstanden. Na dann ab zum See. Neo an, wobei das schon ein Kraftakt war, und rein ins Wasser. Martin sagt: „Bevor man sich mit dem Brett ins offene Meer wirft, muss man das Brett erst einmal im Wasser Kennenlernen – sogenannte Brett-Techniken: Brettlage, Paddeln, Sitzen, Drehen und Ablegen. Wer richtig Surfen will, muss diese Techniken wirklich gut beherrschen.“ Recht sollte er haben. Es ist gar nicht so einfach wie es aussieht. Aber es macht wirklich sehr viel Spaß. Niemand hat mir gesagt, das Paddeln so unfassbar anstrengend ist. Auch in den anderen Gesichtern ist die unerwartete Anstrengung abzulesen. Wellenreiten ist kein einfacher Sport und fordert eine Menge Ehrgeiz, Willen und Durchhaltevermögen. Auf der Rückfahrt zum Camp bin ich gleich mal ins Schlummerland der Träume abgetaucht. Es ist 19:30 Uhr und das bedeutet im Surf-Camp Abendessen. Doch hier wird keine „Maggi-Dose“ über dem Gaskocher geöffnet. Ein ausgebildeter Koch zaubert jeden Tag ein neues Menü für alle Teilnehmer, egal ob vegan, vegetarisch oder bei irgendwelchen Allergien. Jeder bekommt im Fall der Fälle ein separates Essen zubereitet. Denn essen ist wichtig – wer die Wellen abreiten will, braucht Grundlagen.

 
 
Montag 18. Juni (Tag 2): Es ist 9:30 Uhr – Frühstückszeit im Camp und genauso vielseitig wie das Abendessen. Für jeden ist etwas dabei. Dann gehen wir endlich ans Meer. Auf der Düne angekommen, gibt uns Caro ein paar Orientierungspunkte, eine sogenannte Reviereinführung: Wo ist Norden, wie verhalten wir uns am Meer und wo surfen wir. Und dann endlich startet die erste Wassereinheit im Meer. Alle nehmen ihre Bretter und laufen Richtung Wasserkante. Das Grinsen und die Vorfreude aller Beteiligten ist in diesem Moment nicht zu übersehen. Zuerst üben wird das Gleiten in Bauchlage. Das Brett verhält sich im offenen Meer deutlich unruhiger als auf dem See. Das sollten auch alle schnell zu spüren bekommen. Nach zwei Stunden Wasserzeit ist Schluss. Wir sind alle komplett erschöpft. Doch der Tag ist noch nicht zu Ende. Nach kurzer Entspannungszeit treffen wir uns im Gruppenzelt zur Theorie. Warum? Ich habe doch Ferien. Wir sind nicht die ersten und werden auch nicht die letzten sein, die sich diese Frage stellen. Neben der Praxis ist die Theorie ein wichtiger Aspekt im Wellenreiten. Strömungen ist das heutige Thema: Wie verhalte ich mich im und auf dem Wasser? Auf was muss ich achten? Darf ich einfach überall schwimmen gehen? Das war cool. Caro hat es echt drauf. So eine Lehrerin will ich auch in der Schule haben. Ein kindgerechter Vortrag und wir durften sogar mitmachen. Einfach super. Im Anschluss zeigt uns Martin wie man auf dem Brett steht und wie man von der Bauchlage in den Stand kommt. Endlich! Jetzt kommen der ganzen Sache schon näher. Jetzt sieht es zumindest in der Theorie nach „richtigem Surfen“ aus. Wie schwer es ist, von der Bauchlage in den Stand auf dem Brett zu kommen habe ich schnell gemerkt. Alles geht so schnell. Körperspannung, Schnellkraft und Timing sind entscheidend für den Erfolg. Gott sei Dank sind wir erst einmal an Land. Im Wasser ist das Ganze noch einmal eine ganz andere Nummer. Trotzdem haben wir es super gemacht. Das haben Caro, Martin & Yannick uns versichert und ich bin auch davon überzeugt. Jetzt muss das nur noch im Wasser klappen!
 
 

Dienstag 19. Juni (Tag 3): Nach dem Frühstück haben wir uns gut gestärkt am Gruppenzelt getroffen. Mit Sack und Pack hieven wir unsere Surfmaterialien über die Düne. Mir tut alles weh – der erste Muskelkater ist schon da. Nach einer kurzen Wiederholung vom Vortag dürfen wir die an Land erlernte Aufstehbewegung im Wasser ausprobieren. Es ist ein Feuerwerk an Jubelrufen im Wasser zu hören. Egal ob Caro, Yannick, Martin, Josi oder Lia. Alle freuen sich mit uns und jubeln uns zu, wenn es geklappt hat. Das motiviert unfassbar. Wahnsinn. Fast alle haben es geschafft ihre erste Welle zu fahren – stehend wohlgemerkt. Überglücklich und mit einem breiten Grinsen machen wir uns den Weg zurück ins Camp. Vorher verputzte jeder noch sein Lunchpaket am Strand. Im Camp angekommen startet die nächste Theorierunde: Heute Wetter und Wellenentstehung/ Wellenbrechung. Unsere Wellen kommen aus Island. Das ist aber ein ganz schön weit weg. Super interessant. Zum Wellenreiten gehört ganz schön viel Wissen. 19.30 Uhr – Essenzeit. Hungrig rennen wir zum Abendessen. Anschließend gibt es noch eine Überraschung für uns. Das KiSS-Team hat für uns ein Lagerfeuer mit Marshmallows, Stockbrot und Musik am Strand organisiert. Was für ein perfekter Tag. Jetzt geh ich ins Bett. Ich bin völlig kaputt, es ist immerhin 23 Uhr.

 
 

Mittwoch 20. Juni (Tag 4): Halbzeit – Verrückt, wie schnell die Zeit am Meer vergeht. Gut gestärkt heißt es nach dem Frühstück wieder: Tasche packen und ab zum Strand. Die Aufstehbewegung im Wasser funktioniert immer besser. Ich bin heute sogar meine erste grüne Welle gefahren. Unabsichtlich, aber das zählt trotzdem. Eine grüne Welle ist eine noch nicht gebrochene Welle. Drei Stunden surfen wir uns die Füße wund. Wir hatten so viel Spaß, dass wir die ganze Anstrengung komplett vergessen haben. Erlösung. Caro und Martin geben das bekannte Zeichen (die Hände über dem Kopf schwingen). Die Wassereinheit ist zu Ende. Ich kann nicht mehr. Den anderen geht es ähnlich. Vor dem Abendessen hören wir unseren letzten Theorievortrag: Gezeiten. Unter Einsatz von Lebensmitteln erklärt uns Yannick das Erde-Mond-Sonnenmodell. Es wird in Erinnerung bleiben. Die Sonne ist ganz klar eine Honigmelone, die Erde ein Apfel und der Mond eine Kiwi. Geduldig beantwortet er all unsere Fragen: Was ist Flut und was ist Ebbe? Ist Wind tatsächlich gut für das Wellenreiten? Nach dem Abendessen startet das überall auf dem Campingplatz bekannte TTT, das sogenannte Tischtennisturnier. Gespielt wird im gemischten Doppel. Bei einem gleichgeschlechtlichen Team muss einer der beiden mit der schwachen Hand spielen. Knallharte Tischtennisregeln im Surfcamp. Es geht schließlich um den Surf-Camp-Sieger im TTT. Diese Ehre wird nicht jedem zu Teil. Den Titel holt leider keiner aus dem KiSS-Team, aber der Spaß ist in jedem Fall sehr groß. Höchste Zeit zurück ins Zelt zu gehen. Ich muss mich ausruhen. Morgen startet ein neuer Surftag.  

 
 
Donnerstag 21. Juni (Tag 5): Aufstehen, Frühstück und Tischtennis spielen. Wie ich finde ein guter Start in den Tag. Mittlerweile ist es 13 Uhr – Start im Wasser. Auf die Surfbretter fertig los. Eine lange Wassereinheit steht bevor. Ohne wirkliche Pause vergehen fast drei Stunden. Unsere Fahrten werden immer länger und die Aufstehbewegungen verfeinert. Die Korrektur erfolgt mit Hilfe von ausgemachten Zeichen der Surflehrer. Aber vor allem die Korrektur mit Videokamera ist entscheidend. „Man kann Korrekturen besser darstellen, wenn man sich selber sieht. Deswegen auch die Aufnahmen an Land und im Wasser in den letzten Tagen“, erklärt uns Martin. Geschafft für heute! Das Wetter ist wirklich zauberhaft. Es hat nicht einmal geregnet. Erst einmal entspannen, obwohl die Sandburgen schon sehr verlockend sind. Ach egal ich gehe zu den anderen Kindern und baue weiter. Wir nutzen jede Pause, um ein neues Sandschloss zu bauen. Caro und Martin rollen schon immer mit den Augen. Yannick, Lia und Josi können nur noch lachen. Am späten Nachmittag machen wir eine Beach-Cleanup-Tour. Das habe ich ja noch nie gehört. Caro erklärt uns, dass wir an den Strand gehen und Müll sammeln. Müll sammeln. Machen das nicht Müllmänner? Nein, am Strand nicht. Es ist Wahnsinn wie viel wir nach kurzer Zeit zusammengetragen haben. Bestimmt 15 volle Müllsäcke mit Plastikflaschen, Strohhalmen, Fischernetzen und vielem mehr. Woher kommt das alles? Ist ja ekelhaft. Die armen Tiere, die denken, das ist was zu essen. Notiz an mich: Wir brauchen saubere Ozeane und müssen mehr für die Umwelt tun! Nach dem Abendessen machen wir noch einen Kinoabend. Natürlich ein Surf-Film. Der nächste Höhepunkt eines coolen Tages. „Könige der Wellen“ wird gezeigt – ein lustiger Animationsfilm. 23 Uhr – Nachtruhe: Der Nachtwächter guckt, ob alles leise ist. Die anderen Kinder und der Großteil der Erwachsenen sind schon im Bett verschwunden und freuen sich auf den letzten (Surf-) Tag. Ich mich auch.
 
 

Freitag 22. Juni (Tag 6): Es regnet den ganzen Vormittag. Zur Überbrückung schauen wir Videos von uns im Wasser. Sensationell, was für Fortschritte wir innerhalb einer Woche gemacht haben. Ein letztes Mal rufen Caro, Yannick, Lia, Josi & Martin „KiSS my board“ über den Campingplatz. Das ist nämlich unser Gruppenname. Wir laufen zum Strand und holen uns die letzten Wellen im Wasser ab. Der Regen hat aufgehört, aber ich bin trotzdem traurig, dass es schon zu Ende ist. Zurück im Camp putzen wir unsere Bretter und waschen die Neoprenanzüge aus. Die Pflege des Materials ist wichtig. Andere wollen auch noch mit meinem Brett ihre ersten Wellen fahren. Es ist 16 Uhr – höchste Zeit für die Abschlussrunde und ein Fazit. Alle wollen wiederkommen. Vor allem ich. Am liebsten gar nicht erst wegfahren und noch eine Woche bleiben. Aber nächste Woche ist wieder Schule. Egal, ich komme in den Ferien wieder. Nach dem Abendessen geht es zurück nach Calw. 17 Stunden später stehen wir alle gesund und „munter“ am ZOB in Calw. Eine erfolgreiche und ereignisreiche Woche ist zu Ende. Doch das wird nicht meine letzte Busfahrt an die Dünen von Aquitaine in Süd-West-Frankreich sein.